Lichtsehnsucht | Impuls zum Advent

Lichtsehnsucht | Impuls zum Advent

Lichtsehnsucht

Wie kann man Gottes Licht erwarten, feiern und weitergeben? Davon schreibt Pastor und Redakteur Artur Wiebe. Er ist sich sicher: Diese Zeit ist etwas für Lichtsucher.

Ich sehne mich nach Lichtbesuch. Denn Dunkelheit strahlt mich an, wenn ich abends auf dem Sofa sitze und durch das Wohnzimmerfenster nach draußen blicke. Bis vor wenigen Wochen leuchtete hier noch der farbenfrohe Herbstwald herein. Jetzt gähnt mich ein schwarzes Loch an.

Genau an der Stelle hing vor fast einem Jahr ein großer rot-leuchtender Herrnhuter-Stern, der sich bei Einbruch der Dunkelheit automatisch anknipste und Geborgenheit verbreitete. In diesen verwirrenden Zeiten sehne ich mich nach Gottes Wärme und Lichtbesuch.

Gottes Licht suchen

Advent ist etwas für Lichtsucher. Nicht nur heute, sondern auch vor 2000 Jahren. Im Vorfeld der Weihnachtsgeschichte mit Maria, Josef und dem Jesuskind taucht Zacharias im Lukasevangelium auf. Sein Name bedeutet „Gott gedenkt“ oder „der HERR hat sich meiner erinnert“. Zacharias ist Priester am Tempel Gottes in Jerusalem und mit Elisabeth verheiratet. Seine Frau ist die Schwester der Mutter Jesu – der Maria. Doch Elisabeth und Zacharias sind kinderlos, was damals wie heute ein persönliches und familiäres Drama ist.

Zacharias befindet sich in seiner Tempelschicht im Inneren des jüdischen Gotteshauses. Das Volk betet draußen. Innen im Heiligtum erscheint ihm plötzlich der Engel Gottes Gabriel – und kündigt dem verschreckten Tempeldiener an: „Hab keine Angst, Zacharias! Gott hat dein Gebet erhört. Deine Frau Elisabeth wird dir einen Sohn schenken, und du sollst ihn Johannes nennen. Du wirst überglücklich sein bei seiner Geburt, und viele Menschen werden sich mit dir freuen, denn er wird in den Augen des Herrn groß sein. […] Und er wird viele Israeliten dazu bringen, sich wieder dem Herrn, ihrem Gott, zuzuwenden. Er wird ein Mann mit dem Geist und der Kraft des Propheten Elia sein, der dem Herrn vorausgeht und das Volk auf seine Ankunft vorbereitet. Er wird die Herzen der Väter ihren Kindern zuwenden und die Ungehorsamen dazu bewegen, sich der göttlichen Weisheit zu öffnen.“ (Lukas 1,13-17 | NLB)

Gottes Überraschungen annehmen

Misstrauisch stellt der Zacharias dem Engel kritische Rückfragen. Er merkt an, dass er und seine Frau Elisabeth im fortgeschrittenen Alter sind und keine Nachkommen bekommen können. Trotz der Ansage Gottes sieht Zacharias kein Licht seines Lebensschmerzes. Doch Gott sieht das anders. Er sendet mit seinem Engelsboten einen Lichtstrahl in den dunklen Lebensrahmen von Elisabeth und Zacharias. Um seine gute Nachricht für den ungläubigen dreinblickenden Priester zu unterstreichen, verschlägt der Engel dem Mann Gottes die Sprache. Im wahrsten Sinne des Wortes, bis zur Geburt kann Zacharias nicht mehr sprechen.

Und tatsächlich geschieht das angekündigte Wunder: Elisabeth wird schwanger. Dieser Lichtblick lässt sie still abwarten. Sie zieht sich fünf Monate zurück – und lobt ihren Gott. Allein Zacharias bleibt stumm. Er kann so seinen Tempeldienst nicht wahrnehmen und sich nur schriftlich über eine Schreibtafel mitteilen.

Als dann ihr angekündigter Sohn geboren wird, soll er bei der jüdischen Beschneidungszeremonie seinen Namen bekommen. Zum Erstaunen der Verwand- und Nachbarschaft ordnen Elisabeth und Zacharias an, ihn nicht wie damals üblich „Zacharias junior“ zu nennen, sondern „Johannes“ („Gott hat Gnade erwiesen“). Im gleichen Moment löst sich die Zunge: Zacharias, der misstrauische Diener Gottes und frisch gebackene Vater kann wieder sprechen.

Gottes Lob erleuchtet

Advent und Weihnachten ist etwas für Erleuchtete. Das Erste, was dem verstummten Zacharias wieder über die Lippen kommt, ist ein Lob Gottes. Dann eine vom Heiligen Geist inspirierte Prophezeiung: „Gelobt sei der Herr, der Gott Israels, denn er ist zu seinem Volk gekommen und hat es erlöst. Einen mächtigen Retter aus dem königlichen Geschlecht seines Knechtes David hat er uns gesandt, wie er es vor langer Zeit durch seine heiligen Propheten versprochen hat.“ (Lukas 1,68-70). Mit „Retter“ meint er nicht seinen Sohn Johannes, dem späteren „Täufer“. Sondern den Messias, der seit Urzeiten von Gott versprochen ist – der immer schon viel näher ist als erwartet.

Zacharias zeigt sich in seinem Lobpreis und Worten als Erleuchteter: „Durch die Güte und Barmherzigkeit Gottes wird nun das Licht des Himmels uns besuchen, um die zu erleuchten, die in der Dunkelheit und im Schatten des Todes sitzen, und um uns auf den Weg des Friedens zu leiten.“ Lukas 1,78-79. Der Vater bleibt nicht bei seinem privaten Glück stehen. Zacharias hofft darüber hinaus auf das Licht der Welt, das noch kommen wird: Jesus Christus, der Retter und Versöhner des Volkes Israel und der Welt.

Gottes Licht verbreiten

Weihnachten ist etwas für Lichtverbreiter. Ich sehne mich in ohnmächtigen Zeiten nach Gottes Licht und wünsche mir seinen hellen Stern herbei. Sehnsuchtsvoll male ich mir mitten in zunehmender Dunkelheit den warm-roten ausgeleuchteten Lebensrahmen vor Augen. Ich stelle mir vor, wie Gottes Liebe nach innen und außen gleichzeitig strahlt: uns Menschen Seelenlicht gibt und uns zeigt, wo unsere göttliche Heimat ist: bei Jesus Christus.

Noch liegt mein roter Herrnhuter Stern auf dem dunklen Dachboden, noch ist er an keine Stromquelle angeschlossen. Denn für die Advents- und Weihnachtsbeleuchtung ist es noch zu früh. Doch heute könnte ich den Stern schon mal heruntertragen, in den nächsten Tagen herausputzen und dann auf dem dunklen Balkon aufhängen. Mich damit dem kommenden Licht näher bringen, es jetzt schon zelebrieren – und ein Lob Gottes daraus machen.

Heute Gottes Liebe feiern

Durch Gottes Liebe erleuchtet, schließe ich an jedem Tag neu feierlich an die göttliche Stromquelle an. Für die Menschen um mich herum darf ich mit meinem bruchstückhaften Leben ein sichtbarer Ausdruck dafür sein, dass uns vor fast 2.000 Jahren Gottes Licht besucht hat. Und im Glauben an Jesus Christus bei uns bleibt und wiederkommen wird.

Gottes Liebe und Lob leuchten immer – unabhängig davon, wie dunkel die Umstände auch scheinen mögen. Ich bin gespannt auf Gottes überraschende Lichtbesuche bei mir und den Menschen um mich herum. Danach sehne ich mich im Advent und Weihnachten – und an jedem Tag!

ARTUR WIEBE | Redaktionsleiter von CHRISTSEIN HEUTE im SCM Bundes-Verlag | Pastor und Referent für Medien und Öffentlichkeitsarbeit im Bund FeG

Dieser Artikel ist zuerst erschienen im Magazin andersLEBEN 04/2025, die im SCM Bundes-Verlag erscheint. | andersleben-magazin.net